Fritto Misto mit dreierlei Aioli
Von Claudia am Dez 3, 2009 | In Aus fremden Küchen, Fisch & Meeresfrüchte, Sommer
Ich weiß, Fritto Misto passt eigentlich eher zu Sonne, Strand und Meer, zu frisch von Fischern vom Kutter verkauftem Meeresgetier und zu Urlaubserinnerungen. Als ich vorgestern einen kurzen Abstecher an die Ostsee machte und beim Spazierengehen Seeluft schnupperte, bekam ich Appetit auf Fisch.
Blöderweise gibt es in den meisten Orten an der Ostsee zwar massenhaft Juweliere, Luxusboutiquen und Coffee-to-go-Shops, aber keine richtigen Fischhändler mehr. Allenfalls Mini-Läden, die in den Sommermonaten Fischbrötchen verkaufen - aber selbst die machen im Herbst und Winter die Schotten dicht.
Also musste ich ran. Beim Fischhändler in Hamburg kaufte ich Pangasiusfilet und Miesmuscheln, dazu kamen ein paar Riesengarnelen aus dem Tiefkühler.
Fritto Misto ist nichts anderes als frittierte, mundgerechte Fischstückchen und Meeresfrüchte. Man kann es pur, einfach nur mit Salz und Pfeffer und/oder etwas Zitronensaft von Zitronenspalten essen oder ganz köstlich und kalorienreich in Aioli dippen. Letzteres habe ich getan.
Ich schaute in mehrere Kochbücher: Im "Silberlöffel" wird für Fritto Misto di Pesce ganz simples Mehl genommen (ich tippe auf Tipo 00), frittiert wird in Pflanzenöl, in das man zusätzlich ein paar Salbeiblätter gibt. Serviert wird mit Zitronenspalten und Salbeiblättern.
Im The River Café Classic Italian Cookbook wird der Fisch vor dem Wenden in gesalzenem und gepfeffertem Mehl (hier wird ausdrücklich Mehl vom italienischen Typ 00 empfohlen) ca. 15 Minuten in Milch eingelegt. Warum die beiden Damen von dem Londoner Kult-Restaurant so verfahren, erfährt man allerdings nicht.
Ich habe mich an Cornelia Polettos Polettos Kochschule gehalten. Sie wendet Fisch und Meeresfrüchte in Kichererbsenmehl, das sie vorher nicht salzt. Dafür werden hinterher die frittierten Meeresgaben mit Fleur de Sel bestreut (bei mir mit Maldon Salt). Zum Frittieren nimmt sie allerdings Olivenöl, das weder kaltgepresst bzw. nativ sein sollte (was sie allerdings im Buch verschweigt, in der Sendung aber sagt. Natives Olivenöl verträgt die relativ hohen Temperaturen nämich nicht.
Beim Aioli plädiert Cornelia Poletto für eine Basismayonnaise mit ganzen Eiern, weil das leichter sei - nicht nur in der Zubereitung. Ich habe einen Kompromiss gewählt und 1 ganzes Ei und ein Eigelb verwendet. Das Aioli habe ich dann abgewandelt. Ich habe der Basis-Mayonnaise ein abgespültes (und ergo nicht mehr ganz so salziges) Sardellenfilet hinzugefügt. Einen Teil des Aioli habe ich "natur" belassen, separat habe ich dann einen Teil mit Chili geschärft und mit Chilifäden garniert, ein weiteres Drittel habe ich mit kleingeschnittenem, frischen Koriandergrün verleckert.
Das war ein ganz leckerer Abendschmaus mit einer sehr dünnen Knusperschicht um Fisch und Meeresfrüchte. Da kein dicker Ausbackteig den Fisch umhüllte, hielt sich der Fettgehalt trotz des Frittierens einigermaßen in Grenzen. Das habe ich dann wieder mit dem Fettgehalt der Aioli wieder augeglichen ... Kein Schlank-, aber ein Glücklichmacher.
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Gute Fischkockbücher bei amazon.de
Die Fischkochschule: Fische und Meeresfrüchte von A bis Z. Küchentechniken und 200 Rezepte von Rick Stein (BBC-Mann und Betreiber eines Fisch-Restaurant-Imperiums in Padstow/Cornwall)Fisch: Warenkunde und Kochschule. 100 Rezepte für Fisch und Meeresfrüchte von Mitch Tonks (oder auf engl.: Fish: The Complete Fish and Seafood Companion)
Fish Tales: Stories & Recipes from Sustainable Fisheries Around the World (oder hier bei amazon.co.uk: Fish Tales: in Association with MSC: Stories and Recipes from Sustainable Fisheries Around the World)
Hier das Rezept, nach dem ich letztlich das Fritto Misto zubereitet habe:
Genügend Fischfilet - je nach Anzahl der Mit-Esser (diese Liste vom WWF zeigt auf, welche Fischarten man einigermaßen guten Gewissens kaufen kann. "Gute" Fisch sind etwa:
Alaska Seelachs, Seelachs aus der Nordsee, Eismeergarnelen, Heringe aus dem Nordatlantik, Bio-Lachs aus der Zucht, Lachs aus dem Pazifik sowie Zander aus Westeuropa - möglichst immer mit MSC- (Marine Stewardship Council) - am besten den Fischhändler fragen) Bedenklich sind mittlerweile auch Tilapia und Pangasius aus Vietnam. Es ändert sich ständig, so hieß es doch noch vor kurzem, dass Seelachs ein No-Go wäre ...
Miesmuscheln (in etwas Olivenöl, Knoblauch, Karotte und Weißwein so lange gedünstet bis sich die Schalen öffnen, nicht geöffnete Muscheln entsorgen!)
frische oder tiefgefrorene Garnelen
Kichererbsenmehl (ersatzweise normales Weizenmehl)
Pflanzenöl (Sonnenblumenöl, es geht aber auch raffiniertes Olivenöl (keine Kaltpressung!)) Der Topf muss nicht halb voll sein, bei mir haben 2 cm Höhe schon gereicht. Man kann den Fisch auch in einer Pfanne ausbacken - wird so im Silberlöffel vorgeschlagen.
Fleur de Sel oder Maldon Salt
Die Fische abspülen, trockentupfen und in mundgerechte Stücke schneiden.
Fischstückchen und Meeresfrüchte in dem Mehl wenden und in heißem Öl frittieren. Dabei beachten, dass Fischstücke länger benötigen als beispielsweise Muscheln, die sind sehr schnell fertig, sie sind ja auch schon vorgegart. Immer nur kleine Portionen frittieren, sonst kühlt das Frittierfett zu schnell herunter und der Fisch saugt sich mit Öl voll. Wenn der Fisch fertig frittiert ist, auf Küchenkrepp entfetten.
Für die schnelle Aioli:
1 ganzes Ei
1 Eigelb
Saft einer halben Zitrone
2 kleine Knoblauchzehen (Bitte keinen alten Knoblauch verwenden, sonst wird das Ganze zu scharf. Alten Knoblauch erkennt man leicht an dem grünen Keimling.)
1 TL Senf (gern ein schärferer)
1 eingelegte Sardelle (abgespült und trockengetupft) (falls keine Sardelle zur Hand auf jeden Fall das Salzen nicht vergessen!)
Saft einer halben Zitrone
ca. 200 ml Rapsöl
4-5 EL gutes Olivenöl (für den Geschmack, Olivenöl allein könnte zu streng im Geschmack werden)
Wahlweise:
2 Stengel Koriander; kleingehackt
etwas Chilipulver und Chilifäden
oder auch Paprikapulver
Ei und Eigelb in einen hohen Rührbecher geben und mit dem Pürierstab mixen. Zitronensaft, Knoblauch und Senf zugeben und zu einer homogenen Masse mixen. Dann das Sardellenfilet untermixen. Nun zunächst das gesamte Rapsöl hinzugeben. Bei diesem Rezept können Sie das mit dem "dünnen Strahl" vergeessen, ruhig zügig zufügen. Zum Schluss das Olivenöl untermixen bis die Mayonnaise schön cremig und dicklich ist und nicht mehr fließt. Sollte sie zu dick sein, kann man auch noch Geflügel- oder Hühnerbrühe zugeben.
Wer pures Aioli möchte, ist jetzt fertig. Abschmecken ist natürlich Pflicht!
Wer jetzt noch mehr Geschmack hineinbringen möchte, kann Koriandergrün unter einen Teil rühren. Weiteren Teil können Sie nach Geschmack mit Chili würzen und mit Chilifäden dekorieren.
In kleinen Schälchen zusammen mit dem Fisch servieren.
7 Kommentare
Sehr schönes Gericht. "Verleckert" ist wieder eine klasse Wortspielerei, herrlich.
Ich liebe Aioli und die Idee mit dem Fritto Misto gefällt mir auch. Pangasiusfilet ist allerdings nicht so meins.
Fritto Misto geht immer. Pangasius mag ich gar nicht.
@Inga: :-)
@SchnickSchnackSchnuck & Claus: Ich finde Pangasius zum Frittieren gar nicht so schlecht: Vielen Edelfischen täte man mit dem Frittieren unrecht. Für andere Rezepte wäre mir der Geschmack zu lasch.
Verleckert klingt klasse :)
Das Fritto Misto und die Aioli sehen ganz nach meinem Geschmack aus...
Ich würd im Idealfall eine etwas andere Meeresfrüchteauswahl haben (Pangasius kenn ich bis jetzt nicht persönlich) aber Fisch mit Knoblauch ist immer klasse!
Schön auch, dass der Teig so dünn ist. Das ist wichtig, damit das Meeresgetier nicht nur Aroma für den Teig ist!
Ach, könnt ich doch nur in den Monitor beissen...*schmacht*
Liebe Grüße, Monika
Super Gericht !
Ich habe das Rezept ausprobiert und bekam einige sehr positive feedbacks von meinen Gästen.
Immer wieder gerne wird dieses Gericht ab nun in meiner Küche gekocht !
Danke
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