Kaffeeverkostung im Speicherstadtmuseum
Von Claudia am Apr 21, 2007 | In News, Kuchen & Kekse, Foodie-Events

Bei Wein zelebriert man die Verkostung, vergleicht Anbaugebiete, Rebsorten und die jeweilige Kunst des Önologen. Bei Kaffee ist das anders. Wenn man den finanziellen Erfolg der Großröstereien betrachtet, muss Kaffee vor allem eines sein: billig. Wer aber einmal einen sortenreinen Kaffee aus einer kleinen R?sterei probiert hat, wird Erstaunliches feststellen. Ich habe am im Speicherstadtmuseum an einer Kaffeeverkostung teilgenommen.
Zunächst gibt es ein paar Fakten. So ist Kaffee weltweit das nach Erdöl wichtigste Handelsprodukt. Der größte Kaffeeproduzent ist Brasilien, mit reichlich Abstand gefolgt von - man mag es kaum glauben - Vietnam! Die Bohnen, die aus Vietnam kommen, bezeichnet der Vertreter eines großen Rohkaffeehändlers als "Müsli": beschädigte Bohnen, Kaffeebruch und Beimischungen wie kleine Zweige oder Holzstücken. Deshalb sei es auch wichtig, beim Kaffee die ungemahlenen Bohnen zu betrachten. Was im gemahlenen Kaffee landet, lässt sich hinterher mit bloßem Auge nicht mehr nachvollziehen. Mit etwas Phantasie könnte man sich vorstellen, dass es nicht immer die besten Qualitäten sind.

Es kommt aber nicht nur auf die Anbauqualität an. Sie ist nur eine der drei Säulen, die beim Kaffee wichtig sind. Die zweite ist die Röstung, die dritte die Zubereitung. Bei industriellen Röstungen wird häufig unterröstet, d.h. die Bohnen werden nur zwei bis fünf Minuten geröstet und häufig mit Wasser heruntergekühlt. Zeit ist schließlich Geld und auch der Energieaspekt lässt viele Kaffeeröster auf diese Methode zurückgreifen. Und noch etwas schmälert den Gewinn von Röstereien, die den Kaffee langsam und schonend 15 bis 20 Minuten rösten: Bei längerer Röstung schrumpfen die Kaffeekirschen stärker und verlieren an Gewicht. So spart ein Großröster bei dem Schnellverfahren gleich dreifach: Er ist schneller, benötigt nicht so viel Energie und die Ausbeute an Kaffee ist größer. Dass dabei der Geschmack auf der Strecke bleibt war recht eindrucksvoll zu schmecken: Ein und derselbe Rohkaffee wurde einmal unterröstet und einmal anständig geröstet angeboten.
Eine erste Testrunde wurde mit zwei Freiwilligen gemacht und die Versuchkaninchen schilderten ihre Geschmackserlebnisse, jeweils kommentiert durch den Kaffee-Profi und vesehen mit einigen Anmerkungen zu dem jeweiligen Kaffee. Danach durfte jeder die hochpreisigen Spezialialitäten verkosten. Es waren einige eher minderwertige Proben dabei, die die Highlights um so strahlender erscheinen ließen. Als ich mit der letzten Gruppe an die Reihe komme, ist der Kaffee schon fast kalt. Im Vorfeld wurde allerdings erklärt, dass ein guter Kaffee auch kalt noch schmeckt. Einer, der kalt nicht mehr mundet, ist auch heiß nie wirklich gut gewesen. Ich starte mit dem unterrösteten Kaffee und finde ihn - so ganz ohne Zucker und Milch - nicht lecker. Der nächste ist dann schon einer der teuersten: Der Kaffee der Insel St. Helena im Südatlantik. Ja, der schmeckt auch kalt nicht wie abgestandener Muckefuck.
Gleich danach kommt schon mein Favorit: Sulawesi-Toraja aus Indonesien (Arabica gewaschen). Bei dem habe ich sofort "Mmmmhhh!" gedacht. Auch der Kaffee aus Nepal bekommt meine Sympathie, auch wenn er deutlich milder als der Kaffee aus Indonesien ist. Bei einer anderen Sorten entfaltet sich eine metallische Note wie sie typisch für türkischen Mokka ist, für mich eher unangenehm. Eine Sorte von der Elfenbeinküste lässt mich sofort "Pfui Spinne" denken und ich wünschte, ich hätte den Spucknapf benutzt, denn dieser letzte Kaffee, den ich verkostete, hatte einen langen, unangenehmen Abgang. Die ganzen Nuancen schmeckt man natürlich nur, wenn man den Kaffee ohne Milch und ohne Zucker probiert. Ein Grund, warum Latte Macchiato & Co. so boomen ist sicherlich dem Umstand zu verdanken, dass Milch Unangehmes besser übertüncht.
Nach der Verkostung gab es Tipps zu Lagerung und Zubereitung:
Kaffee darf man ruhig im Tiefkühler aufbewahren. Er muss auch nicht extra aufgetaut werden. Die Kaffee-Profis erklären, dass Kaffee sein Aroma am besten entfaltet, wenn er im Porzellanfilter aufgebrüht wird. Oder in einer French-Press. Das Wasser sollte nicht mehr kochen, sondern nach dem Aufkochen ca. 2 Minuten herunterkühlen. Die Standard-Kaffeemaschine würde die dennoch hohe Temperatur nicht erreichen, ebenso sollen Kaffeevollautomaten nach dem Einschalten nicht die optimale Temperatur haben. Ich mag meinen Vollautomaten dennoch nicht missen. Der Kaffee schmeckt allemal besser als aus einer Kaffeemaschine. Für die Maschinenbrühung konnte ich mich nie richtig erwärmen und ich versuche schon länger dankend zu verzichten, wenn mir so ein Kaffee angeboten wird. Lässt sich das nicht vermeiden, hilft mir viel Milch und Zucker.
Zum Abschluss der Verkostung gibt es für jeden noch ein Tütchen mit ungerösteten Kaffeebohnen für den heimischen Anbau. Bis es den ersten Foolforfood-Kaffee gibt, dauert es aber noch eine Weile: Der Baum blüht erst im dritten Jahr und trägt erst nach fünf Jahren Früchte.
Erschreckend, was ich gerade auf der Seite vom Kaffeeverband lese: Löslicher Kaffee ist weiter auf dem Vormarsch. Besonders beliebt: Familiy Cappuccino ...
Ich kann nur empfehlen, so eine Verkostung einmal mitzumachen. So viele gute Kaffeesorten wird man im Vergleich nicht so leicht selbst hinbekommen.
Update 16.10.2007: Dieser Beitrag wurde gestern mit dem 1. Platz bei der Kaffee Trophy 2007 ausgezeichnet! Auf Platz 3 kam mein Beitrag "Kaffee selbst rösten".
13 Kommentare


ja Burgs Kaffeer?sterei im Eppendorfer Weg ist sicher eine gute Adresse. Ger?stet wird au?erdem auch noch in der R?sterei Alsterdorf. In der R?sterei im Levantehaus, im von Dir erw?hnten Elbgold im M?hlenkamp oder auch im Caf? Katelbach in Ottensen. Ansonsten bleiben die Internet-Versender. Aber da muss man sich wahrscheinlich erst einmal durch eine Menge Kaffees durchprobieren, bis man seinen Lieblingskaffee gefunden hat.

Burg kenne ich nat?rlich. Landscheidt/Alsterdorf hatte ich auch gerade ?entdeckt? und finde es schon deswegen interessant, weil es weder in einer ?In-Gegend? noch in einem ausgesprochenen Gesch?ftsviertel liegt, es muss also wohl alteingesessen und gut sein. Vermute ich zumindest, demn?chst werde ich es dann auch wissen. :)

L?nger hatte ich auch die Pads von Illy, ?brigens der erste Anbieter von Pads ?berhaupt. Aber all das ist mir mittlerweile zu stark, ich versuche weniger Kaffee zu trinken, daf?r milder und aromatischer, selbstverst?ndlich ohne Milch und Zucker.
In Portugal hatte ich einen ganz feinen entdeckt der"gusto" hiess, den es bei uns aber nicht gibt.
Kennt jemand den Gepa Kaffee, die Schokolade nehme ich oft zum Backen, den Kaffee kenne ich noch nicht.



auch bei GEPA gibt es verschiedene Kaffees (von mild bis kr?ftig-aromatisch, Misch bis Espresso, ?), da m?sstest du dich also ggf. durchprobieren. www.gepa3.de/shop/index.php?show_kat1=1&select_art=F&show_art=3 Ich finde den Kaffee dort gar nicht so schlecht, wechsle aber gerne auch mal.

Piet: hier
http://www.datenhamster.org/index.php?/archives/102-Kleine-Kaffeeroestereien-in-Hamburg.html
gibt es ne Liste mit R?stereien. es fehlt noch El Cojito (auch in der Gro?en Brunnenstra?e)




Gl?ckwunsch zur Ehrung und Gr??e aus Rheinhessen!
A. Kaul

es gibt sehr viele kleinere Rösterrein in Dtl. die nach traditionellen Röstverfahren in sorgfältiger Handarbeit tolle Kaffess rösten.
Eine Übersicht guter Röstereien gibt es bei www.deutsche-roestergilde.de
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