Rösti
Von Claudia am Mär 5, 2011 | In Vegetarisches, Tipps & Tricks, Klassiker, Gut & Günstig
Das Zürcher Geschnetzelte ist zumindest für Nicht-Schweizer ohne Rösti nicht komplett. Doch ausgerechnet die sind eine Wissenschaft für sich.
Ich habe mir ein wenig Rösti-Wissen von Schweizern angeeignet. Meine Mitbewohnerin unterrichtet Kochen in einer staatlichen Schule. Ich stellte die Kardinalfrage: aus gekochten oder rohen Kartoffeln? Für sie klar: aus gekochten. Naja, nicht ganz fertig gekochten. Sie kocht sie nie ganz weich. Und damit findet sie sich in bester Gesellschaft, denn auch der Röstispezialist Urs Mäder erklärt in diesem Saisonküche-Artikel, dass er die Kartoffeln auch nicht ganz gar kocht. Man erfährt außerdem, dass es eine Art Röstigraben gibt: Das Alpenland zerfällt entlang einer gedachten Linie von Basel nach Luzern. Westlich davon werden bevorzugt Pellkartoffeln verwendet. Die Schweizer sagen "Gschwellti" dazu. Östlich des Röstigrabens werden meist rohe Kartoffel genommen. Ob dem wirklich so ist, dürfen die Schweizer Leser gern diskutieren ...
Ich habe für meine Rösti eine grobe Reibe genommen. Das sei eine richtige Röstiraffel, versicherte mir meine Mitbewohnerin. Das war mir beim Erwerb damals nicht bewusst gewesen. Meine Rösle-Raffel war damals stark reduziert - wahrscheinlich war sie im hohen Norden ein echter Ladenhüter. Mit breitem Schmunzeln erinnere ich mich auch noch an den Kochkurs bei Johann Lafer zurück. Er bestand darauf, dass man ohne den Johann Lafer Spiralschneider keine richtigen Rösti zubereiten könne. Das ist natürlich Nonsens, denn die Schweizer haben auch schon vor Lafers Spiralschneider tolle Rösti gemacht. Das Gerät ist allenfalls eine lustige Spielerei. Wichtig beim Raffeln der Kartoffeln: Die einzelnen Raffelstücke sollten möglichst lang sein. Wer zu feine Kartoffel-Raffel produziert - etwa mit einer Reibe - bekommt hinterher keine Rösti, sondern Reibekuchen.
Von den Zutaten her sind Rösti sehr einfach: Butterschmalz für die Pfanne, geraffelte Kartoffeln, Salz und Pfeffer. Marianne Kaltenbach verwendet in Aus Schweizer Küchen ein wenig Milch zum Beträufeln der Kartoffelmasse. Rösti mit Zwiebeln mögen laut Kaltenbach besonders die Aargauer. Urner, Appenzeller und Waliser sollen gern Käserösti machen. Und zwar mit fettem Käse, Zwiebeln und Speck. Wobei die Walliser und Urner den Speck wiederum weglassen. Und jetzt kommt noch eine Kuriosität: Früher sollen Landfrauen auch helles Kaffeewasser oder Milchkaffee in die Rösti gegeben haben.
Regelrecht entsetzt war selbst die Kaltenbach, dass die Luzerner Hörnli (Hörnchen-Nudeln) unter die Rösti mischen.
Man sieht, egal wie man die Rösti zubereitet, es wird immer einen Schweizer geben, der sie gaaanz anders macht.
Ich habe mich an einen weiteren Tipp meiner Mitbewohnerin gehalten: Zwar soll man den Rösti in der Pfanne erst einmal in Ruhe lassen, doch meine Mitbewohnerin rührt die Kartoffelmasse noch einmal durch, wenn die Unterseite schon "etwas knusprig" ist. So gelangt noch ein wenig Knusprigkeit ins Innere der Rösti. Fand ich gut und hat auch so geschmeckt.
- Alles Tipps noch einmal in Kurzform:
- + Ob man gekochte oder rohe Kartoffeln nimmt, ist Geschmackssache
- + Die Rösti in der Pfanne nicht ständig rühren. Wer mag schichtet einmal zwischendurch um, wenn die Rösti schon anfangen zu bräunen. Sie brauchen dann aber auch etwas länger, um wieder zu einem einheitl. "Kuchen" zu werden.
- + Wer Pellkartoffeln verwendet, sollte mal probieren, sie nicht ganz gar zu kochen. Sie lassen sich dann auch besser raffeln.
- + Unbedingt eine grobe Raffel verwenden - lange Kartoffelstücke "verweben" sich besser zu einem ganzen Rösti.
- + Je nach Gegend kommen in der Schweiz auch Zwiebeln, Speck und Käse zu den Kartoffeln
Was aus meiner Sicht nicht ganz Trivial ist: Das Wenden der Rösti. In die Luft werfen habe ich mich nicht getraut. Die Pfanne, die ich benutzt habe, war viel zu hoch. Ich habe 2 Teller genommen und diese dann zweimal mit dem Rösti gewendet, bevor die noch nicht gebräunte Seite wieder in die Pfanne gleiten durfte.
Ich habe einmal Rösti pur gemacht. Zum Zürcher Geschnetzelten. Dann habe ich auch noch Rösti mit Zwiebeln und Käse gemacht. Fast ein Standalone-Gericht. Auch sehr lecker!
Hier das Rezept für 4 Personen:
ca. 1 kg festkochende Kartoffeln
1 TL Salz
ca. 3 EL Butterschmalz (Butter bräunt zu stark)
2 EL Milch
Die Kartoffeln zu 3/4 gar kochen. Etwas abkühlen lassen, dann pellen und grob raffeln, dann Salz untermischen. Butterschmalz in einer Pfanne (für Rösti-Anfänger am besten beschichtet) erhitzen. Die Kartoffeln in die Pfanne geben und mit einem Holzspatel zu einem runden Kuchen "pressen". Die Milch drübergeben. Die Rösti sollten bei nicht zu starker Hitze gebraten werden. Kaltenbach lässt den Rösti 30 Minuten brutzeln bis er das erste Mal gewendet wird. Ist die Pfanne zu heiß, brennt der Rösti zwangsweise an. Also entweder also knapp 30 Minuten rösten ohne den Rösti zu wenden oder zwischendurch einmal durchrühren, damit erste knusprige Stücke ins Innere des Röstis wandern. Dann wieder fest pressen. Zum Wenden einen Deckel oder einen großen Teller nehmen. Den Rösti darauf gleiten lassen mit einem 2. Topfdeckel oder Teller den Rösti wenden und wieder in die Pfanne gleiten lassen. Die Methode, den Rösti fast hermitisch abgedeckt zu garen, habe ich außer bei Kaltenbach nirgendwo gelesen. Und in Ermangelung eines plan abschließenden Deckels auch drauf verzichtet. Die 2. Seite des Rösti brauchte bei mir dann nicht mehr ganz so lange. Wer mag, kann zum Rösti auch noch Käse hineinreiben oder leicht gedünstete Zwiebeln zugeben. Auch Speck geht.
Übrigens: Kaltenbach schreibt, dass Rösti auf dem Lande mit Emmentaler Käse und Milchkaffee oder Apfelwein serviert werden. Sehr rustikal. Man sollte Starbucks mal auf diese Traditions aufmerksam machen. Dann gäb's bald auch Rösti im Coffeeshop ;)
21 Kommentare





aber das reizt mich sehr, werde ich auf alle faelle testen!


E Guete u es Grüssli aus der Schweiz
Irene

Danke für die Inspiration!

Das Wenden war allerdings ein wahres Problem. Es war sozusagen eher ein Abenteuer, da die Dinger leider doch am Pfannenboden klebten. Jetzt hab ichs zwar geschafft, doch haben sie optisch eher gelitten. Schmecken tun sie hoffentlich trotzdem. Also großen Respekt für das bildschöne Rösti auf deinem Teller!


Liebe Grüße,
eifels

@Peter: Merci!
@zorra: Schweineschmalz - ist notiert!
@Birgit: Das ist dann ja fast ein wenig wie Bauernfrühstück - mit Spiegelei. Mag ich auch!
@Feinschmeckerle: Wem Kartoffelpuffer gelingen, sollte mit Rösti nicht allzu viele Probleme haben.
@Tobias: Ich werfe nur Pfannkuchen ;)
@Irene: Scheint ja ein echter Schweizer Tipp zu sein, die Rösti zwischendurch doch noch einmal durchzurühren. Danke für die Bestätigung!
@eifels: Hoffe, es hat geschmeckt
@Anne: Richtig ankleben sollten die Rösti natürlich nicht. War das eine beschichtete Pfanne? Wenn's klebt, etwas mehr Fett oder eine andere Pfanne nehmen. Zum Thema "matschige Kartoffeln" - was für Kartoffeln hast Du verwendet? Matschig sollten die natürlich nicht sein. Auf jeden Fall eher festkochende Kartoffeln verwenden - wie bei Bratkartoffeln. Vielleicht waren die auch zu weich gekocht? Wenn die Rösti anbrennen, war die Hitze zu stark. Bei 20 bis 30 Minuten auf einer Seite darf die Hitze auf keinen Fall zu stark sein.
Innen etwas weich sollen die Rösti schon sein - das macht den Reiz aus: innen weich, außen knusprig.

Die Fotos sind echt sehr "lecker" ;) Und das ist schon mit das Wichtigste an einem Koch-Blog find ich.
Natürlich ist der redaktionelle Teil auch gut :p


Leider liegt die wahre Kunst doch eher im perfekten timing, den richtigen Werkzeugen und einer richtigen Mengeneinschätzung der Zutaten. Und da muss ich wohl noch etwas üben, wie mir meine Rösti gezeigt haben.
Aber ich werde nicht aufgeben. Mit Hilfe deines Blogs! Im Gegensatz zu den meisten Kochbüchern kriegt man hier die Infos, die man wirklich braucht. Danke!



Nur jetzt hier, bei der Rösti komme ich nicht umhin, von meinem stillen Leseposten abzurücken, um einen kleinen "ewigen" Grammatikfehler endlich und definitiv klarzustellen:
es heisst D I E Rösti!!!
Da sie effektiv in x Varianten besteht (und bei deren vielen Abwandlungen man sich auch uneins sein mag) VÖLLIG einig sind wir uns Schweizer hingegen beim Geschlecht der Rösti, und das ist und bleibt WEIBLICH!!! Nichts da, mit das (sächlich) Rösti und der (männlich) Rösti, und auch KEIN ausgesprochenes Doppel ss, wie ich es oft in den diversen Kochsendungen hören muss, bitte!!!
(Ich bin ja schon froh dass, das Zürcher Geschnetzelte die korrekte Bezeichnung erhielt und nicht wie oft auch falsch erwähnt zum Zür (i) cher Geschnetzelten mutiert. Ja, leider auch so eine Unsitte, die kaum auszumerzen ist...)
Merci für das Verständnis dieser beiden Fehler, es macht uns einfach in den Ohren weh.
Drei Dinge sind praktisch "gelingentscheidend", falls es nicht Reibekuchen, Kartoffel-Puffer, Kartoffel-Gröstl oder Röstkartoffeln werden soll, sondern "unsere" heissgeliebte Rösti(wie auch bereits oben erwähnt):
a)möglichst lange Kartoffelstreifchen verwenden, erreicht man am besten dadurch, dass man grosse und LÄNGLICHE Kartoffeln nimmt & sie auch zusätzlich an der Röstiraffel LÄNGS reibt (Ja, eine GROBE Raffel muss es schon sein, damit die Streifchen auch ein gewisse Dicke bekommen!)
und
b)bei der Wahl der gekochten Kartoffelvariante: festkochende Sorte nehmen, ob völlig gar oder nicht, ist egal, ABER dass die Kartoffeln bevor sie Verwendung finden GANZ KALT sind (mindestens am Vortag in der Schale kochen...)!!!
Sonst entsteht nur ein "Pflatsch" oder besser verständlich: eine PAMPE/MATSCH, es wäre schade für die ganze Arbeit...!
c) NUR Butterschmalz zum Braten verwenden (NEIN, keine Essbutter, kein Öl und schon gar nicht Margarine, etc., BITTE) und bei mittlerer Hitze!
Als Idee: nur Rösti und Salat ist herrlich und sehr einfach in der Herstellung.
So wünsche ich allen Glück, nur Mut und nicht verzagen (egal ob rohe oder gekochte Kartoffeln, mit oder ohne Zwiebeln/Speck/Schinken/Käse/Ei/Schabzieger/Gewürze/ Karotten/etc.); beim Braten von unserem fast Nationalgericht: der Rösti und
"E Guete"!!!
Mit emene liebe Gruess us Basel



ein Typ zur Rösti
Agria(weichkochende Kartoffeln)leicht angekocht abkalten lassen, raffeln, salzen, Bratbutter und Schweineschmalz in die Bratpfanne und bei mittlerer Hitze Braten. ich wünsche allen
en guete
Bruno
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