Ein Stück Frankreich in Hamburg - der Claim der kleinen Brasserie in Hamburg Ottensen (Eulenstraße 42) ist nicht übertrieben. Klein & gemütlich, gut besucht - ein paar Schlipsträger mischen sich unter das relaxte Publikum, so dass ein bunter angenehmer Gästemix entsteht. Die Betreiber sehr freundlich und mit Herz bei der Sache. Selbst unter der Woche sollte man in der Brasserie La Provence vorbestellen.

Zur obligatorischen Baguette gibt es eine leckere Anchovis-Creme und ein Sch?lchen mit Olivenöl. Lecker. Ich bestelle "Les Rougets Sautés aux Moutardes ~ Tomates Farcis" (amüsiere mich über Schreibweise) und wundere mich über die Übersetzung: "Gebratene Rotbarbenfilets mit Senf/Mohnkruste und geschmolzenen Tomaten auf Salat". Meine Frage, ob denn die Tomaten nun gefüllt wären, wie das die Bezeichnung "Tomates farcies" suggeriere? Nein, das käme nicht von Farce. "Tomates farcies" seien geschmorte Tomaten, die leicht mit Zucker und Meersalz bestreut werden. Da ich keine Birne-Helene-Diskussion à la Loriot heraufbeschwören mag und mich mit meiner Besserwisserei auch mal zurücknehmen kann, nehme ich das mal so hin. Kann ja sein, dass das in einem hinteren Winkel im frz. Süden wirklich so ist (Hat jemand eine Idee?). Dass die (kalten) Tomaten meiner Rotbarbenfilets mit Senf-Mohnkruste dann allerdings nur sehr zart "angeschmolzen" sind, ich sie mit der Gabel nicht klein bekomme, sondern schneiden muss, finde ich dann doch schon sehr merkwürdig. Die Tomate war - um es mit normalen Worten auszudrücken - Rohkost.

Die Mohnkruste finde ich interessant, das Salatbett ist mit einer senf-betonten Vinaigrette perfekt dazu. Mein Essenspartner hatte sich für gebratenen frischen Zander auf Champagner-Sahnekraut entschieden und schwärmt vom Sauerkraut. Lecker sieht es aus. Da wir vorab mit einem frischen, s?urebetonten Rotwein angefangen hatten, passt zum Fisch Wasser am besten.

Nette Idee: Von der Gruppe am Nebentisch haben einige Gäste Steak/Frites/Salade geordert. Die Pommes werden in einer gedrehten Pergamenttüte im Glas serviert. Das hat Charme und wird von den Gästen gebührend anerkannt. Manchmal kännen kleine Ideen so eine große Wirkung haben. Ich fühle mich tats?chlich ein wenig wie in Frankreich, ein Gefühl, dass sich bei mir sonst am ehesten beim Zeitungslesen im Café bei einer Schale Milchkaffee einstellt.

Zum Nachtisch w?hle ich "Moelleux au Chocolat et sa Crème Anglaise" - einen warmen Schokoladenkuchen mit flüssigem Kern. Ein Volltreffer! Das Rezept dazu wurde schon einmal in einer Hamburger Tageszeitung veröffentlicht, wie ich von einigen Fotos an der Wand entnehme. Das Rezept habe ich mir schon einmal gesichert und einen Teil dafür auch schon vorbereitet. Ich probiere bei meinem Essenspartner noch kurz die Birnentarte mit Marzipanfüllung und hausgemachtem Rotwein-Eis. Ebenfalls sehr lecker.

Die Preise in dem Restaurant sind moderat und liegen für Vorspeisen bei rund 8,- Euro, für Hauptgerichte zwischen 11,- und 15,- Euro. Desserts kosten 7,- Euro. Wer sich für ein frei wählbares Drei-Gänge-Menü der Wochenkarte entscheidet (wobei das Hauptgericht abh?ngig vom Wochentag ist!), zahlt 24,- Euro. Das ist allemal seinen Preis wert.

Ein kleines Highlight: Einer der Besitzer zeigt uns seine Kochkladde, in der sich schon mehrere Leute mit ihren Rezept verewigt haben. Ich staune über den Schokoladenkuchen: 500 g Schokolade, 500 g Zucker, 500 g Butter, 10 Eier, 150 g Mehl. Ein wahren Pfundkuchen ;-)

Schade, das die Brasserie für mich schon etwas weiter weg liegt. Dort würde ich gern häufiger Frankreich schnuppern.