Englische Kochbücher im Herbst 2010
Von Claudia am Nov 6, 2010 | In Rezensionen
Red Catfish Curry, Pink Champagne Jelly, Sweet and Salty Crunch nut bar - Foodporn at its Best deutet es an: Der Kochbuchherbst ist heiß - besonders auf der Insel. In Großbritannien kommen momentan sehr interessante Kochbücher heraus - und natürlich auch Mainstream von Jamie Oliver & Co.
Wer für englische Kochbücher aus Großbritannien schwärmt, kommt über kurz oder lang nicht an amazon.co.uk vorbei. Wer britische Bücher online ordert, ist mit dem britischen amazon-Ableger am besten bedient, so kostet Jamie Olivers neustes Buch Jamie's 30 Minute Meals in Deutschland 18,95 Euro, in GB 11,70 GBP. Besonders irrwitzig: Das Buch der Australierin Maggie Beer Maggie's Harvest kostet in Deutschland 102,99 Euro, bei amazon.co.uk nur 22,75 britische Pfund. Nicht verschweigen will ich, dass natürlich recht hohe Versandkosten entstehen. Meist lohnt sich das für ein einzelnes Buch nicht. Wer gleich mehrere Bücher bestellt, kann also recht viel sparen. Tipp: Englische Versender bieten Bücher auf dem Marketplace auch auf amazon.de an - oftmals günstiger als amazon.de selbst. Hinzu kommen dann pro Buch nur Versandkosten von 3 Euro. So bekäme man zurzeit das Cheese-Buch von P. Michelson rund 10 Euro günstiger als der von amazon.de angegebene Preis - und man bekommt dennoch ein neues Buch. Der Nachteil bei Bestellungen im Ausland: Rücksendungen sind kompliziert und teuer, sodass sie sich in den meisten Fällen nicht lohnen.
Doch nun zu den Neuerscheinungen. Was zunächst auffällt: Die Stars der Kochbuchszene bringen in immer kürzeren Abständen neue Bücher auf den Markt. Jamie Oliver ging vor einem Jahr (2009) mit Jamie's America (oder deutsch: Jamies Amerika) an den Start. Im Frühsommer 2010 kam dann Jamie Does... (bislang nicht übersetzt) und kaum ein halbes Jahr später steht Jamie's 30-Minute Meals (dt. Jamies 30 Minuten Menüs) in den Startlöchern. Ich habe durch das Buch geblättert und auch die TV-Sendung dazu gesehen. Jamie betont in der Sendung immer, dass alles zuvor an seinem Platz zu stehen habe, damit man nicht lange suchen muss. Die Zeit für die Menüs ist ambitioniert, die eine oder andere Abkürzung kann man sich sicher abgucken. Was im Buch stört: Die Zubereitungsschritte sind immer für das gesamte Menü, also alle 3 Gänge angegeben. Wer nur einen Gang zubereiten möchte, muss sich sorgfältig durch den Text arbeiten.
Nicht ganz so rasant ist Tessa Kiros. Sie bringt es aber immerhin auch jährlich auf ein neues Buch. Das neuste: Food From Many Greek Kitchens.
Ebenfalls tüchtig mit einem Buch pro Jahr: die Irin und BBC-Köchin Rachel Allen, Schwiegertochter von Darina Allen. Bei beiden durfte ich meinen Kochhorizont erweitern, Rachel Allen war auch eine derjenigen Kochlehrer, die mein Examensessen probieren und bewerten durften. Klar, dass ihr neues Buch Entertaining at Home für mich ein Muss ist. Viele Rezepte stammen direkt aus dem Ballymaloe-Fundus - wie schon in Rachel Allens anderen Büchern Home Cooking als auch Bake. Natürlich sind die Rezepte etwas stylischer bebildert, zu gut einem Drittel gibt es Fotos zu den Rezepten.
Mit Grundkochbüchern gehen auch diesen Herbst wieder einige Autoren ins Rennen: Der Australier Bill Granger bringt auf 256 Seiten Bill's Basics. Das ist sicher nett, reizt mich aber nicht sonderlich. Gespannt war ich auf Nigella Lawsons Kompendium Kitchen: Recipes from the Heart of the Home. Mit 512 Seiten ein Schwergewicht. Und ein Rundumschlag durch Nigellas Küche. Von Scones über Asiatisches bis zu Peanut-Butter-Hummus. Nigella kocht unprätentiös, sie selbst ist keine professionelle Köchin. Vielleicht ist das der Grund, warum ihre Rezepte bei Home Cooks so gut funktionieren? Wer bereits viele Bücher von Nigella hat, wird bekannte Reezpte treffen, die aber wieder etwas verändert wurden.
Etwas mehr Zeit bei den Veröffentlichungen nimmt sich Skye Gyngell, Chefköchin in den Petersham Nurseries (sprich "Pieterschämm" ;)). Ihr How I Cook ist ein Must-Have für mich. Ihre Bücher My Favourite Ingredients und A Year in my Kitchen möchte ich nicht missen. In "How I Cook" gefallen mir Rezepte für "Vacherin with walnuts and Muscat grapes" oder "Carpaccio of wild sea bass" ebenso wie ihre Creme Caramel mit PX-Sherry. Ich muss aber gestehen, dass ihre beiden anderen Bücher deutlich inspirierender sind. Aber Gyngell schreibt im Vorwort auch: "Essentially, this is a collection of the recipes that I cook at home, arranged by the kind of meal - from breakfast through lunch and tea to evening meals and late-night suppers - encompassing everyday dishes as well as special occasion food."
Den Homecook gibt auch David Tanis, Ex-Chefkoch in Alice Waters "Chez Panisse" in Berkley und damit der einzige US-Autor, der momentan meine Aufmerksamkeit hat. Aber er lebt auch einige Monate im Jahr in Paris. Sein Heart of the Artichoke: and other kitchen journeys ist mit seinen Jahreszeiten-Menüs deutlich inspirierender als Gyngells "How I Cook". Dabei bekennt Tanis, dass er sogar viel lieber zu Hause kocht als in Restaurantküchen,. Chez Panisse ist für ihn dabei ein Glücksfall, weil es dort "best of home cooking" gibt. Dennoch ist ihm die eigene Küche lieber. Und wenn er sein Sweet Stew-Menü zeigt, hat man das Gefühl als würde er jeden einzelnen Schmortopf ganz besonders lieben. Die Rezepte sind zwar einfach, aber raffiniert. Sein Sweet Stew-Menü:
Savory baked Eggs in Filo,
Fragrant Lamb with Prunes and Almonds,
Blood Oranges and Pomegranates with Orange Flower Water.
Wintermenüs können schon einmal karg sein und so ist eines sehr von einem Trip in die Bretagne geprägt:
Buckwheat Galettes with Ham and Cheese,
Mâche Salad,
Mussels Marinière, brittany-style,
Apple Compote,
Butter Cookies.
Tanis bietet dem Foodie viel Lesefutter abseits der Rezepte. Er schreibt viel über Zutaten, wo er sie findet und was man vermeiden sollte, etwa Muscheln in Paris, wo sie in vielen Touristen-Hotspots einfach nicht genießbar seien. Oder sein Bericht über eine Buchweizenmühle auf einer der Kanalinseln.
Eine nette Endeckung war das Buch Cheese von Patricia Michelson, die in einer Nebenstraße der Marylbone High Street in London die "Fromagerie" betreibt. Das Buch ist zwar nicht wie Nigella Lawson auf dem Cover verspricht eine "Bibel", versammelt aber viele britische, amerikanische und irische Käsesorten aus kleinen traditionellen Betrieben ("artisan cheese"). Während Italien und Frankreich noch gut vertreten sind, wird Deutschland (von der Alpenregion einmal abgesehen) auf 2 Seiten zusammen mit Polen und Griechenland abgehandelt, bei den Niederlanden wird lediglich Gouda erwähnt. Dafür gibt es einen besseren Einblick in Käse aus Kanada, Neuseeland und Australien. Es geht aber eben auch nicht um Übersichten, sondern um die "kleinen Produzenten". Bücher, in denen französischer, italienischer und schweizer Käse abgehandelt werden, habe ich bereits. Für mich ist der Blick über die großen Teiche interessant.
Gespannt war ich auf Eric Lanlards Home Bake. Der äußerst kreative Zuckerbäcker hatte mein Interesse durch Fernsehsendungen geweckt, in denen er nicht selbst backte, aber auf den Spuren historischer Backtradtionen wandelte. Seine Kreationen für den Hobbybäcker zu Hause sind durchweg machbar, Rezepte wie "Salted Butter Caramel Mousse with Mini Pear" lassen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen. Lustigerweise sind auch Desserts wie Pink Champagne Jelly dabei - die haben mit Backen herzlich wenig zu tun. Dazu muss man aber auch bedenken, dass Backbücher für Briten meist auch Dessert-Bücher sind. Cakes und Pastry sind häufig Bestandteil des Nachtischs.
Kommen wir nach ein wenig Mainstream zu den interessanteren Neuerscheinungen:
Natürlich ist auch Britanniens Liebling Nigel Slater ein wenig Mainstream, aber wer seine Bücher kauft, kauft sie nicht nur wegen der Rezepte, sondern auch wegen der netten Texte. Tender: Volume II, A cook's guide to the fruit garden war für mich eines der Must-Haves dieses Herbstes (ach, was dieses Jahres!) - und ich wurde nicht enttäuscht. In seinem Frucht-Buch beschränkt sich der Food-Journalist nicht nur auf Süßes, sondern setzt die Früchte aus seinem Garten auch in pikanten Gerichten ein.
David Thompsons Thai Street Food ist nicht nur durch die feurige Farbe ein Hingucker, das Buch passt auch in keines meiner normalen Bücherregale und qualifiziert sich damit als Coffee-Table-Buch. Dafür gibt es aber schöne Fotos der Gerichte sowie von Land und Leuten. Street Food pur! Um die Rezepte nachzukochen benötigt man einen guten asiatischen Lebensmittelladen in der Nähe.
Die Dänin Camilla Plum ist Dänemarks bekannteste TV-Köchin und ist für Dänemark so etwas wie Darina Allen für Irland: Die Grand-Dame des Farmhouse-Cooking, des lokalen und saisonalen Kochens. Jetzt endlich bringt sie mit The Scandinavian Kitchen: 100 Essential Ingredients with over 200 Authentic Recipes auch ein Kochbuch in englischer Sprache heraus. Das Buch ist für mich auch deshalb interessant, weil es kaum gute Bücher über skandinavische Küche gibt. Ich glaube außerdem, dass skandinavische Küche noch stärker in den kulinarischen Fokus rückt. Leila Lindholms Bücher waren ein Anfang, sind für mich allerdings nicht wirklich authentisch.
Bleiben wir in Dänemark: Noma: Time and Place in Nordic Cuisine ist das Buch von Rene Redzepi, dem dänischen Starkoch, der sich in seinem Restaurant "Noma" in Kopenhagen höchste kulinarische Weihen erkochte. Katha von Esskultur.at war dort und durfte auch in die Küche schauen. Klick-Empfehlung!. Das Buch ist wunderschön, allein der geprägte Einband schmeichelt schon in der Hand. Das Buch gliedert sich in einen Fototeil und einen Rezeptteil. Das finde ich einerseits recht künstlerisch, zum anderen hätte ich aber gern ein Foto direkt neben dem Rezept. Andererseits sind die Rezepte ohnehin nicht zum Nachkochen: Auch wenn Rezepi seine Zutaten in der Umgebung von Kopenhagen findet, sind doch - wie häufig bei 2 Sterne-Köchen - auch "instant food thickener" oder Zutaten wie "Isomalt" oder "Trimoline" (Invert-Zucker-Sirup) zu finden. Außerdem räuchert Redzepi gern mit Birkenholz-Spänen. Viele Zutaten stellen einen vor unlösbare Herausforderungen beim Einkauf. Deshalb: Ein schönes Coffee-Table-Buch.
Ähnlich ambitioniert ist Quay, das Buch von Peter Gilmore, dessen Restaurant 2008/2009 Restaurant des Jahres in Australien war. Wer aus "Noma" oder "Quay" nachkochen möchte, sollte schon ein wenig Erfahrung, viel Zeit und Energie bei der Beschaffung der Zutaten mitbringen, hier wird auf der Höhe des kulinarischen Zeitgeistes gekocht.
Wertvoll für jeden Koch, der immer wieder neue Aromen paaren möchte: The Flavour Thesaurus von dem Britin Niki Segnit. Anders als die The Flavor Bible: The Essential Guide to Culinary Creativity, Based on the Wisdom of America's Most Imaginative Chefs und deshalb eine gute Ergänzung. Das Buch bietet sehr viel Info zur Chemie, aber auch Querverweise zu bekannten Köchen und Kochbuch-Autoren. Sehr charmant: Auch die persönliche Note fehlt nicht, so erläutert Segnit bei einigen Food-Paarungen, wo sie sie gegessen hat und warum etwas passte oder nicht.
Hier die vorgestellten Titel bei amazon.co.uk
Jamie's 30-Minute Meals
The Scandinavian Kitchen: 100 Essential Ingredients with over 200 Authentic Recipes
Food From Many Greek Kitchens
Entertaining at Home
Bill's Basics
Kitchen: Recipes from the Heart of the Home
How I Cook
Home Bake
Tender: Volume II, A cook's guide to the fruit garden
The Flavour Thesaurus
Thai Street FoodQuay
Noma: Time and Place in Nordic Cuisine
Kochbücher bei amazon.de
Scandinavian Kitchen
Jamie's 30 Minute Meals
auf Deutsch: Jamies 30 Minuten Menüs
Heart of the Artichoke: and other kitchen journeys
Cheese
Thai Street Food
Noma: Time and Place in Nordic Cuisine
Quay
5 Kommentare
Kochbücher kann man ja nie genug haben! ;-)
Die Preisdifferenz zwischen D und UK ist wirklich immens. Ich kann da auch http://global.ebay.com/ sehr empfehlen. Z.B. Anthony Bourdain's "Le Halle" Kochbuch ist hier in Deutschland für "günstige" € 190,- zu haben, in England für GBP 16 plus GBP 7 Versand. Das wären in Euro etwa 25,-. Der Versand von den Inseln ist außerdem schneller als innerhalb Deutschlands!
Vielen dank für den sehr ausführlichen Überblick über die Bücher!
Aber jamie sehe ich ja hier schon zuviel, wie müssen sich dann die Briten erst fühlen?
danke - wieder einmal - für den guten überblick. das skandinavische buch wäre mir sonst durch die lappen gegangen. ich mag das aus dem christian verlag (die skandinavische küche/trine hahnemann) schon sehr gern. bin neugierig auf camilla plum.
sonst für mich nichts neues, vier davon habe ich ja schon - dummerweise bei thompson offenbar die us-ausgabe mit einem foto vorne drauf, dabei wäre die flamme so schön.
slaters "tender vol. I & II" halte ich für ein meisterwerk.
und vom flavour thesaurus war ich zuerst sehr angetan, mir erscheint die autorin aber - zwischen den zeilen - immer wieder nicht ganz so kompetent zu sein (kein vergleich zu dornenburg/page) und einfach viel zusammengetragen zu haben, was natürlich auch seinen wert hat.
noma liegt noch verpackt zuhause (wo ich aber gerade nicht bin). das muss zelebriert werden. außerdem will ich beim ersten blick hinein sofort wieder nach kopenhagen, die wehmut zögere ich lieber noch ein bisschen hinaus ;-)
Ich hab das vom Jamie. Also ich finds eigentlich nicht nützlich. Küche soll ja auch ein bisschen Spaß machen. Hier wird alles zum Stress. Und so toll ist das Menü dann sowieso nicht... (hauptsache Meersalz in rauhen Mengen).
Danke für diese hilfreiche Zusammenfassung. Einige der Bücher habe ich bereits - Nigel Slager, The Flavour Thesaurus oder das neue Buch von David Thompson, das ich ständig in die Hand nehmen möchte.
Für mich klingen die Bücher von Skye Gyngell's sehr ansprechend. Eines davon kommt jetzt auf meine Bestellliste.
Letztes Jahr waren die Preise im Dezember bei amazon uk erheblich reduziert und ich warte mit der Bestellung, bis es dieses Jahr wieder so sein wird. Damit profitiert man preislich dann wirklich immens gegenüber den EUR Preisen.
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