Marianne Kaltenbachs "Meine liebsten Pariser Bistrogerichte"
Von Claudia am Apr 15, 2009 | In Fundstücke, Rezensionen

Das Buch "Meine liebsten Pariser Bistrogerichte - kulinarische Erinnerungen an meine Pariser Reisen mit über 100 nostalgischen Gerichten, '"à ma facon' zubereitet" von Marianne Kaltenbach ist schon lange nicht mehr im regulären Buchhandel erhältlich. Die Sonderausgabe in einer Auflage von 800 Büchern auf Büttenpapier gedruckt, in Leinen gebunden und mit Goldlettern, schon mal gar nicht. Ich habe ein handsigniertes Exemplar über Abebooks beim gastronomischen Antiquariat (Bibliotheca Gastronomica) in Zürich erstanden.
Heute morgen traf es ein, der DHL-Mann klingelte zwar, doch bevor ich die Treppen heruntergeeilt war, hatte er schon versucht, den fetten Umschlag mit dem großformatigen Buch, in den Briefkasten zu quetschen. Die Tür sah ich nur noch zuschlagen. Mensch, Du Depp, das tut dem Buch doch weh! Banause! Selbst Kataloge bekommen die Nachbarn immer höflich auf den Briefkasten gestellt.

Meine Freude über das Buch konnte das aber nicht schmälern. Das Buch ist von 1984. Es handelt sich um ein gedrucktes, handschriftliches Manuskript mit sehr schönen Illustrationen von Fritz Kaltenbach. Die Kaltenbachs haben das Buch damals im Eigenverlag herausgebracht und somit wahrscheinlich weder Redaktion noch Lektorat hatten. Das verdeutlicht schon einmal die Akribie, mit der dieses Buch entstanden ist. Es handelt sich hier nicht um einen Handschrift-Font, sondern um selbst Geschriebenes, nahezu fehlerfrei und sauber zu Papier gebracht. Auch das Inhaltverzeichnis ist umfangreich. Man bedenke, dass die automatische Indexierung noch nicht Gang und Gäbe war. Wahnsinn!

Bei dem Papier handelt es sich um Büttenpapier und so muss man beim Umblättern der dicken Seiten aufpassen, dass man sie nicht niederdrückt. Das Buch trägt handschriftlich die Nr. 421 und wurde von Marianne Kaltenbach signieirt. Es war wohl ursprünglich für eine/n gewissen Sabas oder Labas (?) Betschart gedacht. So genau kann ich den Namen allerdings nicht entziffern.

In dem Buch geht es nicht nur um Kochrezepte, sondern auch um kleine Geschichten über Paris oder das eine oder ander Bistro. Sie lässt sich auf einer ganzen Seite über den Markt von Montmartre aus. Sehr hilfreich sind auch ihre sehr persönlichen Anmerkungen zu Rezepten, etwa zum Coq au vin:
"Für die Zubereitung dieses Gerichtes muss man ein grosses, voll ausgereiftes Poulet verweenden, dessen Fleisch dadurch gut zur kräftigen Weinsauce passt. Zarte Poussins oder Coquelets sind dafür zu delikat. Wichtig ist natürlich die Qualität des Weines. Es muss ein kräftiger Rotwein sein. Ein trefflicher, alter Burgunder wäre aber dafür zu schade. Auserlesene alte Weine sind zum Trinken da. Zum Kochen fehlt ihnen das Feuer der jüngeren, kräftigen Weine. Früher opferte man den besten Chambertin für ein solches Gericht. Ich ziehe es vor, ihn dazu zu trinken."
Schön auch das Vorwort zum Kapitel "Wein und Käse":
"'Ein Nachtisch ohne Käse gleicht einer einäugigen Schönen', sagte seinerzeit Brillat-Savarin. Gültigkeit hat auch noch, was eine ältere Dame mir als junges Mädchen sagte, als sie mir eine Käseplatte schenkte: 'Vergessen Sie nie, dass ein guter Käse ein missratenes Essen retten oder ein gutes abrunden kann'."
Die vielen Rezept in dem Kochbuch würde ich nicht speziell nur der Bistroküche zurechnen, dazu sind einige dann doch zu aufwändig und wohl in den meisten Bistros überhaupt nicht anzutreffen. Heute jedenfalls nicht. Die Bistro-Kultur hat sich ja bisweilen dramatisch in Frankreich verändert.
Ein sehr schönes Buch, deren Rezepte nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben. Ich freue mich über diesen kleinen Schatz.
16 Kommentare


Ich hoffe, Du wirst in Zukunft das ein oder andere Rezept daraus vorstellen.
Viel Spaß mit Deinem neuen Schätzchen!

@Steph: Danke! Ja, das Buch ist wirklich zum Verlieben. Es wäre eine Sünde, da nix draus zu kochen.




Aber was meinst Du mit Schuhschachteln?

Gibt's als Fischladen nicht mehr.

Übrigens hatte ich Herrn Weiss vom Antiquariat mal getroffen: http://www.valentinas-kochbuch.de/hans-u-weiss-antiquar-der-bibliotheca-gastronomica-in-zurich/
Seine Sammlung - da gehen die Augen über!



@feelilli: Das 3. Buch könnten die "Aus frz. Küchen" sein. Das hat sie vor ihrem Tod nicht mehr fertiggestellt. Es wurde erst vor kurzem "in ihrem GEdenken" fertiggestellt.



In manchen Buchshops wird im übrigen darauf verwiesen, dass das Buch im ersten Halbjahr wieder (als Neuausgabe?) lieferbar sein soll.
« Gerösteter grüner Spargel mit Olivenöl und Zitrone | Sandwich mit Bacon, Avocado und getrockneten Tomaten » |